Mit gemeinsamem Flugbetrieb – und dies seit Jahren schon - bestritten die jungen Berliner und Brandenburger Segelflieger ihre diesjährigen Landesjugendvergleichsfliegen – diesmal vom 8. bis 10. September in Strausberg. Passend dafür hatte die Strausberger Cheforganisatorin Claudia Zscheile ein lustiges Logo mit dem Brandenburger Adler als PIC (Pilot in command) entworfen, der einträchtig mit dem Berliner Bären im Cockpit eines Segelflugzeuges sitzt. Ein Vorgriff auch auf andere künftige Gemeinsamkeiten?
Das Organisationsteam sorgte - so erfolgreich wie auf keinem anderen Vergleichsfliegen bisher - für 18 Sponsoren, die den Erwerb wertvoller Preise für die Erstplatzierten aus Berlin und Brandenburg und geringe Kosten für alle Teilnehmer und Helfer erlaubten. Glückwunsch! Leider hatten die Jugendleitungen beider Landesverbände keinen Anteil daran, denn die der Brandenburger ist zum Leidwesen des Präsidenten Thomas Fischer gegenwärtig nicht arbeitsfähig und die Berliner Jugendleitung zum Bedauern ihres Präsidenten Klaus Engelhardt nicht einmal existent. Wie fasste Thomas Fischer dieses Dilemma zusammen? Die finanziellen Mittel sind vorhanden, aber die Verantwortlichen funktionieren nicht. Nicht ohne Grund hob Thomas Fischer in seiner kurzen Ansprache den Wunsch nach engagierten Jugendlichen für die wichtige Verbandsarbeit hervor.
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Optimistisch mit dem Victory-Zeichen vor Beginn des Wettbewerbes: der spätere Sieger des Luftsportlandesverbandes Brandenburg Felix Quitschau. Rechts neben dem Cockpit Florian Pönig und ganz rechts der vorjährige Bundesjugendsieger Ron Kwiatkowski, inzwischen Lehrling in Düsseldorf und als Gast in Strausberg. (Foto: Frank-Dieter Lemke) |
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Die Berliner Erstplatzierten – von links: Jan Christoph Pietz (2.), Daniel Schlaugis (1.) und Paul Schulze (3.) (Foto: Frank-Dieter Lemke) |
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Die Brandenburger Erstplatzierten – von links: Felix Quitschau (1.), Max Winter (1.) und Ole Weber (3.) (Foto: Frank-Dieter Lemke) |
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Die drei Vereine aus Berlin fanden alle auf dem Siegerpodest Platz. Die Teamwertung gewann der LSC Kranich (Bildmitte) vor dem FCC Berlin (links) und dem LSC Interflug (rechts). (Foto: Frank-Dieter Lemke) |
Die Brandenburger Teamwertung gewann der FC Strausberg (Bildmitte) vor FSV Stölln (links) und FK Brandenburg (rechts). (Foto: Frank-Dieter Lemke) |
Weitere Eindrücke:
Überschaubar war auch die Anzahl der teilnehmenden Vereine. Aus Berlin waren es nur drei und auch die sieben aus Brandenburg zeugen davon, wie schwierig die Nachwuchsarbeit in vielen Vereinen geworden ist.
An den Start gingen 21 Piloten, unter ihnen ein Mädchen, aus dem Brandenburger Luftsportlandesverband sowie 13 Piloten, darunter zwei Mädchen, aus dem Berliner Luftfahrtverband. Da bei den Brandenburgern nur je ein Pilot aus den Vereinen Bronkow, Finsterwalde und Perleberg kamen, war für sie eine Teamwertung nicht möglich.
Der Schleppbetrieb mit so unterschiedlichen Segelflugzeugen wie K 8b oder ASK 21 war ein Tag der Hercules 4 (auf MAN) aus Strausberg mit den erfahrenen Windenfahrern Rigo Rose und Horst Pattky und der Hercules 4 (auf LKW IFA W 50) vom Berliner Aeroclub Mitte mit dem nicht weniger erfahrenen Windenfahrer Gerald Fischer aus Eggersdorf-Müncheberg. Den Transport der Winde des BAeC Mitte hatte dankenswerterweise der FTHS, ein Verein von Restauratoren von Oldtimer-Autos aus Strausberg, auf ebenfalls historischer Technik übernommen.
Ein ebenso wichtiger Aspekt war die Verpflegung des Teilnehmerfeldes und der vielen Helfer, denn Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen – wie es so schön heißt. Aktivster „Bräter“ war Max Lemke, der darüber hinaus als Mitorganisator gemeinsam mit Claudia Zscheile tätig war. Ohne ihn, so Claudia, wäre das Jugendvergleichsfliegen 2017 nicht ein derartiger Erfolg geworden.
Den zügigen Ablauf des Segelflugbetriebes störten – oft ein Problem in Strausberg - nur wenige Motorflugzeuge. Die Flugplatzbetreibergesellschaft hatte ein NOTAM herausgegeben und die Flugschulen gebeten, am Wertungstag keine Platzrunden zu fliegen. Das war eine wichtige Voraussetzung für die hohe Startzahl, die von den Teilnehmern zu absolvieren war.
Das Fliegen begann bereits am Freitag mit Platzeinweisungen, um die Platzverhältnisse und die Winde kennenzulernen. Für einige der Wettbewerber war auch die ASK 21 neu, auf die man sich ebenfalls einstellen musste. Manche flogen sogar zum ersten Mal auf fremdem Platz. Die 40 Einweisungsflüge lagen in den Händen der beiden Fluglehrer des FCS Thomas Graupner und Frank-Dieter Lemke. Sie machten die interessante Erfahrung, dass die Ausbildung in anderen Vereinen recht unterschiedlich gehandhabt wird. Einige der Nachwuchspiloten konnten sogar mit Begriffen wie Vorhalt in der Platzrunde oder Ausklinkkurve nichts anfangen. Aber vielleicht war das auch nur der Aufregung des Nachwuchses geschuldet.
In drei Durchgängen – der erste Start erfolgte zeitig um 8.01 Uhr - absolvierten die jungen Flieger unter der Leitung von Cheffluglehrer Rouven Lehmann je einen Start mit unterschiedlichen Flugaufgaben wie der Rollübung, der hochgezogenen Fahrtkurve oder dem Kreisflug mit Überleiten. Auch der Start, manchmal recht schwierig durch die Windbedingungen, und die Landung, meist mit Anflug im Seitengleitflug sowie zielgenauem Aufsetzen im abgesteckten Landefeld, forderten dem Nachwuchs alles an Können ab. Auch gelegentliche Schauer oder böiger Wind konnten den Ablauf nicht wirklich stören. Hier hielt Startleiter Jens Hälsig die Zügel fest in der Hand. Sein „Achtung, Flächen trocknen - weitermachen!“ kam wie ein Weckruf. Der drohende dunkle Himmel am Horizont blieb, aber die meisten Regenschauer zogen glücklicherweise vorbei. Die vielen Smartphones mit Bildern vom Wetterradar am Segelflugstart sorgten in der heutigen modernen Zeit für aktuelle Wetterinformationen.
Die Jury hatte fast zehn Stunden bei Kälte, Wind und gelegentlichen Regenschauern unverdrossen ausgeharrt. Dennoch ließen sich einige der Fluglehrer aus der Jury einen eigenen Wertungsflug und die Bewertung unter den Augen junger Piloten nicht nehmen.
Nach 110 Starts war der Wertungstag schließlich vorüber und die Entscheidung gefallen. Nach dem Abrüsten der Flugzeuge ging es zur obligatorischen, allseits beliebten Party mit dem von Jens Hälsig aufgebauten schönsten Lagerfeuer, das es seit langem in Strausberg gegeben hat. Den Alkoholgenuss am Abend für alle unter 16 Jahre unterband das Organisationsteam mit einem roten Armband am Handgelenk der Jüngsten. Auch eine Idee!
Deutlich geworden war der unterschiedliche Trainingsstand des Nachwuchses. Einige der jungen Piloten sammelten erste Erfahrungen auf einem fremden Flugplatz. Dirk Stahf, Fluglehrer des FCC Berlin, berichtete, dass im Sommer-Lehrgang zumeist Ziellandungen trainiert wurden, allerdings nicht die anderen Wertungskriterien. Alexander Adamczyk vom LSC Kranich wiederum legt beim Üben besonderen Wert auf die Rollübung – wer die beherrscht, beherrscht auch das Flugzeug, so seine Meinung. An Wochenendtagen und auf einem zweiwöchigen Sommerlehrgang trainierten die Piloten des LSC Kranich aus Neuruppin die einzelnen Übungen, allerdings ohne Bewertung mit Landefeldern. Andere beschränkten sich auf das Üben der fliegerischen Elemente am Wochenende zuvor – das dürfte vermutlich ein bisschen zu wenig gewesen sein. Die erfolgverwöhnten Strausberger wiederum befassten sich intensiv mit ihren Wettbewerbsteilnehmern. Hier an der Spitze Max Lemke, der die Erfahrung von vielen Vergleichsfliegen mitbringt und zahlreiche Trainingsflüge sofort auswertete. Aber auch bei den Strausbergern blieb es nicht aus, dass Piloten wie Florian Pönig mit viel zu wenig Training anreisten, weil sie als Lehrlinge, die inzwischen weit entfernt von ihrer Heimat leben, keine Möglichkeiten zum Fliegen haben. Aber wie hob der auf internationalen Wettbewerben erfolgreichste DDR-Trainer Dr. Dieter Strüber (Fallschirmsport) gern hervor? Ohne Verlierer gibt es keine Sieger!
Auf der vom FCS-Vorsitzenden Paul Rathmann moderierten kurzweiligen Siegerehrung war neben den Präsidenten Thomas Fischer und Klaus Engelhardt auch Elke Stadeler, Bürgermeisterin Strausbergs, zu Gast. Erstaunt zeigte sie sich darüber, wie diszipliniert alle Jugendlichen auftraten. Wie Flieger eben!
Die Einzelwertung des Brandenburger Luftsportlandesverbandes gewann der Strausberger Felix Quitschau gemeinsam mit dem Brandenburger Max Winter. Felix Quitschau begann bereits 2009 im Alter von neun Jahren mit dem Segelfliegen, ist heute 16 Jahre alt, steht kurz vor dem Erwerb der Segelflugerlaubnis und ist Abiturient am Oberstufenzentrum Strausberg. Sein Berufsziel? Selbstverständlich Pilot! Der Stolz seiner Fluglehrer auf diesen schönen Erfolg ist verständlich.
Eine weitere Bewährungsprobe erwartet die drei Erstplatzierten aus den beiden Landesverbänden in 14 Tagen beim Bundesjugendvergleichsfliegen auf dem Flugplatz Oppenheim-Guntersblum am Rhein westlich von Darmstadt.
Text und Fotos: Frank-Dieter Lemke (FC Strausberg/Akaflieg Dresden)